Erläuterungen zur Karte des historischen Vorkommens des Lachses auf dem Gebiet von Rheinland-Pfalz und angrenzender Gebiete

 

Der Lachs (Salmo salar L.) war bis etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts die sozialökonomisch bedeutendste Fischart des Rheins und anderer lachsführender Nebengewässer. Heute werden enorme Anstrengungen unternommen, ihn im Rheingebiet wieder dauerhaft anzusiedeln. Deshalb sollen aus regionaler Sicht sein historisches Vorkommen, die ehemals bedeutenden Fangstellen und weitere Informationen zu damaligen Versuchen, den Niedergang aufzuhalten, hier zusammengefasst dargestellt werden.

Zur Vermehrung stieg der (atlantische) Lachs u.a. in die Zuflüsse der Nordsee (und Ostsee) auf und wanderte bis in die Äschen-/Forellenregionen des Rheins und seiner Nebenflüsse. Auf den Wegen zu seinen „angestammten“ Laichplätzen (der Lachs hat ein ausgeprägtes Heimfindungsvermögen) konnte er schon immer leicht gefangen werden. Auf den kiesigen Außenbögen des Rheins wurden hierfür mehre hundert Meter lange Zugnetze verwendet. In den tieferen Flussstellen („Kaulen“), wo sich Lachse beim Aufstieg meist in Gruppen sammelten/ausruhten, kamen hingegen Salmwippen (Wooge) zum Einsatz. Am Laichplatz wurden Lachse mit sehr verschiedenen Methoden gefangen: spezielle Speere (Dreizack), Schlagfallen und sogar nur mit geschickten Händen. Ein einzelner Lachs wurde dann häufig in einen Fischkasten gesperrt oder mit einem Strick angebunden, um weitere anzulocken. Ein Lachs konnte bis zu 25 kg („Winterlachse“) schwer sein, sein Fleisch war wohlschmeckend, sehr nahrhaft und aufgrund der vielen wichtigen, essentiellen Inhaltsstoffe sehr gesund. Die Lachse, die bei ihrem Aufstieg zum Oberlauf des Rheins bzw. in einige Nebengewässer bereits im Nieder- oder Mittelrhein gefangen wurden, hatten erst einen vergleichsweisen kurzen bzw. leichten Aufstieg hinter sich. Da die Ovarien und Spermarien zudem noch nicht auf Kosten der Muskelmasse stark entwickelt waren, war ihre Fleischqualität die beste: der „Rheinlachs“ aus Xanthen, Wesel, Düsseldorf, Köln, St. Goar/Oberwesel u. a. war in seiner Begehrtheit führend und namengebend. Insbesondere am Rhein wurden zwei Namen für den gleichen Fisch verwendet: Salm bis zum Jakobustag (25.07) und danach Lachs, wobei er im abgelaichten und erschöpften Zustand (also als Lachs) weniger appetitlich aussah und damit wesentlich billiger angeboten wurde.

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Ein Fisch, der alljährlich wohlgenährt aus dem Meer in kleine Fließgewässer aufschwimmt, ist für alle Fischliebhaber höchst willkommen, man möchte sagen: ein himmliches Nahrungsgeschenk für so manches Landraubtier bzw. den Menschen. Das Meer mit seiner großen Produktionskraft eröffnete sozusagen eine Filiale im Binnenland mit dem Angebot von frischen Meeresfrüchten! Und weil die Ur-Christen das Fischsymbol zu ihrem (zunächst geheimen) Erkennungsmerkmal machten und damit einer langen Tradition der Anschauung des Fisches als heilige Speise folgten, waren Orte mit regelmäßig wiederkehrenden Wanderfischen wie dem Lachs (weniger dem Maifisch oder dem Neunauge, seltener dem Stör) sehr günstige Siedlungsplätze. Dies galt insbesondere für die siedlungsfeindlichen Glaubensbrüder des Reformordens der Zisterzienser ab dem 12 Jahrhundert. Exemplarisch ist hier das Zisterzienserkloster Himmerod an der Salm (nomen est omen!) zu nennen, welches sich 1134 als eines der ersten Gründungen durch Bernard von Clairvaux mitten im Wald an diesem zu AUSONIUS‘ Zeiten Salmona genannten kleinen Fluss niederließ. Von den seitlichen Höhen fließt durch porösen Bundsandstein dauerhaft kühles und sauerstoffreiches Grundwasser mit einer sehr hohen Abflussspende in das Bachbett: die besten natürlichen Laich-, Brut- und Jungfischhabitate für die sog. Kieslaicher wie Lachs und Forelle (weitere Orte von Zisterzienser- und Benediktiner- Klöstern - mit Blick auf evtl. Lachsfangplätze - sind in der Karte mit „+“ gekennzeichnet).

Das Fischereirecht war seit Bildung zentraler Machtausübung im Mittelalter durch Landesherren (weltlich wie kirchlich) neben der Jagd ein Regal (lat. iura regalia, königliches Recht), d. h. die Ausübung stand nur ihm zu. Der Landesherr schenkte oder lieh dieses Recht oder Teile davon üblicherweise an ihm genehme Untergebene. Der Fischkonsum spielte nicht nur im klösterlichen Leben (als Fastenspeise war alles aus dem Wasser Kommende: Fisch, Krebs, Ente, Otter etc.  zugelassen), sondern auch „bei Hofe“ eine wichtige Rolle. Es wurden bedienstete Fischer („Rotten“) angestellt, damit genügend Fische der Hofküche zugeführt werden konnten. Hochwertige Fische mussten von allen Fischenden dem Landesherren übergeben werden; diese sog. „Herrenfische“ wie Lachs, Hecht und Stör waren so begehrt, dass die bekannten Fangplätze (Lachs) nur gegen Zahlung einer hohen Pacht und unter Aufsicht betrieben werden durften. Aus den Aufzeichnungen dieser landesherrlichen Verwaltungen stammen die in der Grafik markierten Fangplätze ().

Historisches Zeugnis vom Vorkommen des Lachses in Mosel, Rhein und Nahe ohne nähere Ortsangaben legen die prominenten Klassiker AUSONIUS (in: Mosella, 371) und HILDEGARD VON BINGEN (in: Liber Simplicis Medicinae/“Physica“ 1151-1159) ab.

Ein deutlicher Rückgang der Rheinlachs-Population muss schon im frühen 19. Jahrhundert bemerkt worden sein: er wurde bereits Gegenstand badisch-schweizer-französischer Übereinkünfte 1841, später 1869 zwischen Baden, Bayern, Frankreich, Hessen, Holland und Preußen. Da Holland sich mit diesem Abkommen benachteiligt fühlte, wurde dieser Vertrag zunächst nicht ratifiziert. Als die Situation sich jedoch weiter verschlechterte, kam es 1885 zum „Vertrag zwischen Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz, betreffend die Regelung der Lachsfischerei im Stromgebiet des Rheins“ (sog. Lachsvertrag). Später schlossen die Großherzoglich Luxemburgische und die Königlich Preußische Staats-Regierung 1892 einen Staatsvertrag über den Beitritt Luxemburgs zum Lachsvertrag. In weitgehender Unkenntnis (vielleicht sogar teilweiser Ignoranz) der wesentlichen Ursachen des Rückgangs gepaart mit einem euphorischen Glauben an die Allmacht „rationeller Bewirtschaftung der Fließgewässer durch Fischbesatz“ versuchte dieser Lachsvertrag dem negativen Trend durch gemeinschaftliche Einführung halbherziger Schonzeiten und Fangregeln, dem Gebot der Gewinnung der Fortpflanzungsprodukte vor dem Töten der Laichfische und dem massenhaften Erbrüten und Aussetzen geschlüpfter Larven entgegen zu wirken. So wurden viele Fischzuchten (z. B. die staatliche Fischzucht Trier im Avelsbacher Tal, ) einzig und allein zu dem Zweck der Erfüllung der im Vertrag festgelegten Produktion von Lachsbrütlingen der einzelnen Staaten gegründet. Nach anfänglichen auf diesen Besatz vermuteten Erfolgen (später konstatierte man, dass diese Maßnahmen zumindest den rasanten Rückgang hat verlangsamen können) erreichten dennoch immer weniger Lachse ihre Laichplätze bzw. die bekannten Fangplätze, so dass immer weniger Brütlinge produziert werden konnten und das Projekt in den 1930’ern praktisch aufgegeben wurde. Die Aussatzorte der Staatlichen Fischzuchtanstalt Trier sind durch die Besatzstellen in der Grafik mit dem Symbol  markiert.

 

Zitierte und weiterführende (regionale) Literatur:

AUSONIUS MOSELLA.2004. Übersetzt und erläutert von Paul Dräger; Düsseldorf/Zürich
BÜRGER, F. 1926. Die Fischereiverhältnisse im Rhein im Bereich der preussischen Rheinprovinz – Z. Fisch. 24: 217 - 399
HILDEGARD VON BINGEN. 1991. Das Buch von den Fischen. Nach den Quellen übersetzt und erläutert von Peter Riethe; Salzburg
MICHEL, F. 1958. Forst und Jagd im alten Erzstift Trier; Trier
MUSALL, H. 1969. Die Entwicklung der Kulturlandschaft der Rheinniederung zwischen Karlsruhe und Speyer vom Ende des
       16. Jhrt. bis zum Ende des 19. Jhrt., Geogr. Inst. Univ. Heidelberg; Heidelberger Geogr. Arb. 22
NERESHEIMER, E. 1937. Die Lachsartigen (Salmonidae), in: Handbuch der Binnenfischerei Mitteleuropas, Band III: 219 - 294
STEINBORN, J.; RETTERATH, H. 1998.Geschichte und Geschichten von Salmen und Lachsen im Tal der Loreley; Oberwesel
SEILER, H. 1999. Zur Geschichte der Lachsfischerei im Bezirk Trier insbesondere zu deren Niedergang und Ende; Trier
SCHMIDT, Th. 1930. Der Lachs der Hunsrück- und Eifelflüsse, Südwestdeutsche Heimatblätter, 4, 25-28; 5, 38-40, 6, 41-43
SCHÄFER, M. 1844. Moselfauna; Trier
Staatliche Fischzuchtanstalt Trier Aufzeichnungen 1895 -1975; LHA Koblenz
WEITZEL; M.1996. Beiträge zur Fischfauna der Mosel und ihrer Nebenflüsse. Dendrocopos 23: 119 - 136

 

Kontakt

Dr. Matthias Brunke
Landesamt für Umwelt (LfU)
E-Mail: matthias.brunke@lfu.rlp.de