Die europäische Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben am 23.10.2007 die EU-Richtlinie 2007/60/EG über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken verabschiedet.

Die Richtlinie verfolgt das Ziel, die nachteiligen Auswirkungen von Hochwasser auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt sowie auf Wirtschaft, Infrastruktur und Kultur zu verringern und zu bewältigen. Um die hierzu erforderlichen Maßnahmen möglichst effizient zu gestalten, sollen – analog zur Wasserrahmenrichtlinie – Strategien und Maßnahmen grenzüberschreitend innerhalb eines Einzugsgebiets abgestimmt, koordiniert und umgesetzt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten werden damit verpflichtet, künftig beim Hochwasserrisikomanagement auch grenzübergreifend zusammenzuarbeiten. Die Richtlinie ist nach dem Inkrafttreten von den Mitgliedsstaaten innerhalb von 2 Jahren in nationales Recht umzusetzen.

Die Präventiv- und Bewältigungsmaßnahmen beinhalten insbesondere einen 3-Stufen-Ansatz, für den Zeithorizonte vorgegeben werden:
 

1. Bewertung der von Hochwasserrisiken
bis zum 22.12.2018
2. Erstellung von Hochwassergefahren- und -risikokarten
bis zum 22.12.2019
3. Erstellung von Plänen für das Hochwasserrisikomanagement
bis zum 22.12.2021

Die Ergebnisse aller Stufen sind öffentlich zu machen und alle sechs Jahre zu überprüfen bzw. überarbeiten.

Im Einzelnen sieht die Richtlinie darin vor:
 
1. Stufe:
Die vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos erfolgt in allen Einzugsgebieten auf der Grundlage vorhandener Informationen und Daten, wie Karten der Flusseinzugsgebiete mit Topographie und Flächennutzung, aber auch der Beschreibung von Hochwassern der Vergangenheit und ihren Auswirkungen. Perspektivisch sind Entwicklungen der Hochwassergefährdung, auch unter dem Aspekt des Klimawandels, und die Wahrscheinlichkeit künftiger Hochwasser und ihrer Folgen zu berücksichtigen. Auf Grundlage dieser Daten identifiziert jeder Mitgliedsstaat die Flussgebietseinheiten, für die ein potenzielles signifikantes Hochwasserrisiko besteht oder für wahrscheinlich gehalten werden kann.
 
2. Stufe:
Die Mitgliedstaaten erstellen Hochwassergefahren- und -risikokarten für die Gebiete mit potenziell signifikantem Hochwasserrisiko (bislang sinngemäß die Überschwemmungsgebiete).
Darin sind
-       extreme Hochwasserereignisse,
-       mittlere Hochwasserereignisse (voraussichtliches Wiederkehrintervall ≥ 100 Jahre)
-       und ggf. Hochwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit darzustellen.
 
Die Gefahrenkarten enthalten Angaben über das Ausmaß der Überflutungen (Überschwemmungsgrenzen, Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten). In den Risikokarten werden potenzielle hochwasserbedingte nachteilige Auswirkungen, wie z.B. die gefährdeten Einwohner, die betroffenen Nutzungen und umweltgefährdende Betriebe angegeben.
 
3. Stufe:
Auf diesen Vorarbeiten aufbauend werden Hochwasserrisikomanagementpläne erstellt. Diese umfassen Maßnahmen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hochwasser und zur Minderung der Folgen. Sie berücksichtigen die Bereiche Wasserwirtschaft, Bodennutzung, Raumordnung, Flächennutzungsplanung und Naturschutz.
Schwerpunkte des Hochwasserrisikomanagements sind Vermeidung, Schutz und Vorsorge, einschließlich Hochwasservorhersagen und Frühwarnsystem. Bei der Auswahl der Maßnahmen sind die Besonderheiten des Einzugsgebietes zu berücksichtigen, in jedem Falle dürfen sie die Flussgebietsnachbarn nicht beeinträchtigen. Über die Umsetzung der in den Plänen festgelegten Maßnahmen muss der EU-Kommission regelmäßig berichtet werden.
 
Die Umsetzung der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie ist mit der Wasserrahmenrichtlinie eng abzustimmen und zu koordinieren, insbesondere bezüglich der Beschreibung der Einzugsgebiete, der Bewirtschaftungspläne sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung.
 
Die HWRM-Pläne für die Bearbeitungsgebiete des Landes Rheinland-Pfalz wurden der Öffentlichkeitsbeteiligung Ende 2015 bereitgestellt (s. Internetangebot).
 
 
Was bringt die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie an neuen Aspekten?
Angesichts der Anzahl der größeren Hochwasserereignisse und Schäden in den letzten Jahrzehnten wird deutlich, dass extreme Hochwasser allein durch technische Maßnahmen nicht beherrscht werden können. Neben dem Hochwasserschutz muss daher der Umgang mit dem Risiko, das Risikomanagement, in das Zentrum der Überlegungen rücken.
 
Das Hochwasserrisikomanagement beinhaltet eine umfassende Hochwasservorsorge, mit der die schädlichen Auswirkungen des Hochwassers vermindert werden:
-       Aufzeigen der Grenzen des Schutzes und die Verantwortung der Beteiligten
-       Förderung der Gefahrenkenntnis und des Gefahrenbewusstseins
-       Sicherstellung einer angepassten Nutzung durch die Raumplanung
-       Förderung von Anreizsystemen zur Eigenvorsorge
-       Forcierung der Abstimmung aller Planungen der öffentlichen Hand
-       Umsetzung aktiver Schutzmaßnahmen
-       Notfallplanung und Katastrophenschutzmaßnahmen für das Unvorhergesehene
-       Finanzielle Vorsorge, Versicherungen und Schadenregulierung

Da Hochwasser weder an Kommunen- noch an Ländergrenzen halt macht, ist die grenzüberschreitende Abstimmung und Koordinierung von Maßnahmen innerhalb eines Einzugsgebietes neben dem Risikomanagement ein weiterer wesentlicher Aspekt der HWRM-RL.
 
Um Ziele, Maßnahmen und Umsetzungsprioritäten für alle genannten Handlungsbereiche zu formulieren, ist eine intensive Einbindung aller für die Hochwasservorsorge und -bewältigung zuständigen Stellen, insbesondere der Kommunen, erforderlich. I
n die Erstellung der Hochwasserrisikomanagementpläne, in denen Ziele für die örtliche Hochwasservorsorge definiert und dafür durchzuführende Maßnahmen festgelegt werden, müssen die örtlich Betroffenen, also Kommunen, aber auch Initiativen und interessierte Bürgerinnen und Bürger, eingebunden und die Pläne gemeinsam mit ihnen aufgestellt werden. Die HWRM-RL fordert die Einbindung der gesamten Öffentlichkeit in den Planungsprozess.
Die Erarbeitung der in der Richtlinie geforderten Karten und Pläne ist damit kein abgeschlossenes Werk, sondern ein fortlaufender Prozess, in dem es je nach dem Stand der Kenntnisse und der Beteiligung der Betroffenen immer wieder Weiterentwicklungen, Optimierungen, Überarbeitungen und Anpassungen geben wird. Der Zweck der Unterlagen liegt darin, dass sie Akzeptanz finden und umgesetzt werden.
Die enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Kommunen bei der Erstellung der Hochwasserrisikomanagementpläne muss organisiert werden. Hochwasserpartnerschaften bilden dafür die ideale Plattform. (siehe „Hochwasservorsorge“)
 
Weitere Informationen über die Hochwasserrisikomanagementpläne in Rheinland-Pfalz finden Sie auf der Internetseite http://www.hochwassermanagement.rlp.de